Notfallservice
  • Diabetes-Ambulanz für Kinder und Jugendliche

    Hilfe für die ganze Familie: Wenn Diabetes bei Kindern das Leben auf den Kopf stellt

Immer mehr Kinder und Jugendliche erkranken an Diabetes. Nach Angaben der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) leiden in Deutschland aktuell rund 32.000 Kinder und Jugendliche an Diabetes Typ 1. Damit zählt diese Form der Zuckerkrankheit zu den häufigsten Stoffwechselerkrankungen im Kindesalter. Aber auch der Diabetes Typ 2, ein nicht insulin-abhängiger Diabetes, verbreitet sich verstärkt unter den Heranwachsenden. Hier ist das Risiko für übergewichtige Kinder besonders hoch, sodass Werbeverbote für ungesunde Kinder-Lebensmittel diskutiert werden. Die Klinik für Neugeborene, Kinder und Jugendliche im Klinikum Nürnberg setzt auf spezielle Sprechstunden, Präventions- und Beratungsangebote für die ganze Familie.

„Die Diagnose Diabetes bei Kindern ist häufig ein Schock“, berichtet Oberärztin Dr. Katja Knab. „Die ganze Familie muss lernen, mit der Krankheit des Kindes zu leben, die Blutzuckerwerte zu kontrollieren und dem Kind gleichzeitig so viel Freiheit wie möglich zu lassen. Besonders für Eltern von kleinen Kindern, die das Ganze noch nicht verstehen können, ist das eine Herausforderung. In unserer Diabetes-Ambulanz arbeiten wir deshalb mit einem interprofessionellen Team, um bestmögliche Hilfe zu leisten.“

Insulinproduzierende Zellen werden zerstört

Rund 200 Patientinnen und Patienten behandelt das siebenköpfige Diabetes-Team um Dr. Knab durchschnittlich im Jahr. Neben Fachärztinnen und Fachpflegekräften sind speziell geschulte Diabetesberaterinnen, Diätassistentinnen sowie eine Diplom-Sozialpädagogin mit an Bord. „So können wir den Kindern und ihren Familien eine umfassende medizinische, diätetische und psychosoziale Betreuung anbieten“, fasst Dr. Knab zusammen.

In den meisten Fällen kommen Kinder mit Diabetes Typ 1 ins Klinikum Nürnberg. Dabei handelt es sich um eine unheilbare Autoimmunerkrankung, deren Ursache unklar ist. „Der Körper nimmt die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse als Eindringlinge wahr und zerstört sie. Ohne Insulin kann der beim Essen oder Trinken aufgenommene Zucker nicht aus dem Blut in die Körperzellen transportiert werden“, erklärt Dr. Knab. „Als Auslöser sind wohl genetische Ursachen oder auch Umweltfaktoren beteiligt.“ In jedem Fall haben betroffene Kinder plötzlich großen Durst, sind müde und schlapp, nehmen ab und müssen häufig auf die Toilette. „Zum Glück ist Diabetes Typ 1 gut behandelbar“, so Dr. Knab. „In unserer Sprechstunde schulen wir die Kinder und ihre Eltern, aber auch andere Bezugspersonen wie Lehrkräfte oder Kindergarten-Beschäftigte darin, den Blutzucker zu kontrollieren und den Körper täglich mit der individuell angepassten Menge an Insulin zu versorgen. Zudem geben wir Hilfestellung bei allen Fragen rund um die richtige Ernährung und Lebensweise.“

Einen großen Fortschritt in der Behandlung sieht Dr. Knab in der technischen Weiterentwicklung. „Wir setzen inzwischen in vielen Fällen AID-Systeme ein – das sind Pumpen, die zusammen mit einem Gerät zur kontinuierlichen Blutzuckermessung die automatische Insulin-Dosierung übernehmen. So können die Betroffenen auf die bislang üblichen Spritzen und Pens verzichten. Das ist eine Erleichterung im Alltag.“

Wie eine künstliche Bauchspeicheldrüse

Eine Insulinpumpe ist klein und unauffällig. Das Gerät ist kleiner als ein Smartphone und passt in jede Hosentasche. Über einen Schlauch und eine kurze Nadel in den Bauch gibt die Pumpe automatisch die entsprechende Menge an Insulin ab, sodass das tägliche Spritzen entfällt. Kombiniert wird die Pumpe mit einem sogenannten rtCGM-System („Real-Time Continuous Glucose Monitoring“). So wird der Blutzuckerspiegel in Echtzeit kontrolliert und dokumentiert. Dieses geschlossene System führt dem Körper abhängig von der gemessenen Glukose Insulin zu. „Die Pumpe übernimmt die Arbeit einer künstlichen Bauchspeicheldrüse“, erklärt Dr. Knab. „Der Körper erhält immer zur richtigen Zeit die richtige Menge Insulin. Das ist einerseits sehr sicher, andererseits sehr praktisch, weil die Kinder frei planen können, wann sie was essen.“

Werbeverbot für ungesunde Kinder-Lebensmittel allein reicht nicht

Sorgen macht Dr. Knab zurzeit die steigende Zahl der Kinder und Jugendlichen, die häufig in Folge falscher Ernährung und mangelnder Bewegung an dem nicht insulin-abhängigen Diabetes Typ 2 erkranken. Studien zufolge sind das jedes Jahr rund 200 Kinder – und es kommen viele unerkannte Fälle hinzu, weil sich die Erkrankung oft schleichend entwickelt und spät erkannt wird. „Oft sind sich Ärztinnen und Ärzte bei der Diagnosestellung unsicher“, so Dr. Knab. Denn gerade jugendliche Patient*innen neigen dazu, die Erkrankung trotz Aufklärung und Schulung erstmal zu verdrängen. „Wenn dann spürbare Einschränkungen und akute Beschwerden auftreten, sind irreversible Schäden programmiert“, so Dr. Knab weiter.

Die Zahl der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen habe insbesondere in der Corona-Zeit dramatisch zugenommen. Dr. Knab leitet zusammen mit dem promovierenden Ernährungswissenschaftler Gabriel Torbahn im Klinikum Nürnberg auch die Adipositas-Beratungsstelle. Mit der Zunahme adipöser Kinder steigt das Risiko von eigentlich vermeidbaren Diabetes- und Begleiterkrankungen wie Nierenschäden oder Augenleiden.

Was dagegen hilft? „Ein Werbeverbot für ungesunde Kinder-Lebensmittel allein reicht sicher nicht aus“, so Dr. Knab. „Immerhin hat die Diskussion dazu beigetragen, dass wir uns der Problematik stellen. Wir kommen aber nicht umhin, unseren Lebensstil zu überprüfen und dafür zu sorgen, dass sich auch unsere Kinder und Jugendlichen gesund ernähren und ausreichend bewegen. Vorsorge ist und bleibt die beste Therapie.“

Weiterbildung für niedergelassene Kinderärztinnen und -ärzte

Niedergelassene Kinderärztinnen und -ärzte sowie Ernährungs- oder Diabetesberater*innen und Mitarbeiter*innen von diabetologischen Schwerpunktpraxen, die sich für das Angebot des Klinikums Nürnberg interessieren, sind am 7. Oktober 2023 von 9 bis 13 Uhr herzlich zu einer Weiterbildungsveranstaltung in die Klinik für Neugeborene, Kinder und Jugendliche eingeladen. Neben allen Fragen rund um das Thema Diabetes stehen die Expertinnen und Experten auch für Infos zur Ernährungsberatung und zur Behandlung von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen zur Verfügung. Das Programm mit weiteren Infos, auch zur Anmeldung, wird in Kürze veröffentlicht.

Kontakt & weitere Info

Klinik für Neugeborene, Kinder und Jugendliche
Breslauer Str. 201
90471 Nürnberg