Ein Schlaganfall ist ein akuter Notfall und kann lebensbedrohlich sein. Meist handelt es sich um einen Gefäßverschluss der Hirn- oder Halsarterien mit abrupter Verminderung oder Fehlen der Gehirndurchblutung (ischämischer Schlaganfall). Seltener dagegen ist eine Blutung im Hirngewebe (hämorrhagischer Schlaganfall). Zur sicheren Diagnosestellung wird in unserem Haus modernste Bildgebung mit der Computertomographie (CT) oder der Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt. Wurde hiermit ein großer und somit potentiell lebensbedrohlicher Gefäßverschluss festgestellt, kann dieser je nach Ort und Ausdehnung zu Ausfallerscheinungen wie Lähmung, Sprach- und Sehstörungen oder Bewusstlosigkeit führen.
Ursachen für Verschlüsse von Hirnarterien sind verschleppte Blutgerinnsel (Embolie). Diese kommen meist aus dem Herzen oder von vorbestehenden Engstellen der Hals- oder Nackenschlagadern. Die Folge ist eine fehlende Durchblutung, die die Sauerstoffversorgung des Hirngewebes beeinträchtigt. Das kann zu unwiderruflichen Schädigungen des Gehirns und zum Tod führen. Eine schnelle und vollständige Wiedereröffnung des Gefäßes ist deswegen notwendig. Diese kann in großen Zentren wie dem Klinikum Nürnberg zu jeder Tages- und Nachtzeit mittels einer Thrombektomie durchgeführt werden.
Die Überlegenheit der mechanischen Thrombektomie gegenüber der rein medikamentösen Therapie (Lysetherapie) bei Verschlüssen von großen Hirnarterien ist durch zahlreiche internationale Studien belegt. Sie hat ich in der täglichen Praxis in den letzten Jahren durchgesetzt und wird von interventionellen Neuroradiologen angewandt. Diese Methode hat zu einer erheblichen Verbesserung des Patientenwohls nach einem Schlaganfall geführt. Mit der Thrombektomie ist es nun erstmals möglich, das verstopfende Blutgerinnsel direkt aus dem Gefäß zu entfernen und die Durchblutung vollständig wiederherzustellen.
Hierzu wird ein gut zugängliches Blutgefäß meist in der Leiste, seltener am Arm oder am Hals punktiert. Anschließend werden unter Röntgendurchleuchtung und mittels Röntgenkontrastmittel mehrere Katheter durch das Gefäßsystem direkt zum Blutgerinnsel vorgeschoben. Dies ermöglicht, das Blutgerinnsel abzusaugen (Aspiration) oder mit einem Metallgeflecht (Stent-Retriever) einzufangen und zu entfernen. Oftmals wird auch eine Kombination der beiden Methoden effizient angewendet.
Für diesen Eingriff ist nur ein kleiner Einstich notwendig, eine größere Narbe an Hals oder Kopf entsteht nicht. Es kann zu einem Bluterguss an der Einstichstelle kommen, deswegen wird nach dem Eingriff ein Druckverband angelegt.
Der Eingriff wird in unserer Abteilung meist in Vollnarkose (Allgemeinanästhesie) durchgeführt. Die Dauer des Eingriffs hängt von der Größe und Lage des Gefäßverschlusses ab. Im Durchschnitt sind es 30-60 Minuten.
Eine alleinige medikamentöse Behandlung zur Auflösung des Blutgerinnsels (Lysetherapie) ist möglich. Auch eine Kombination zwischen Lysetherapie und Thrombektomie kann erwogen werden. Die Alternativen, Nutzen und Risiken werden in Absprache mit Spezialisten aller beteiligten Disziplinen (Neuroradiologie, Neurologie, Anästhesie) zu jeder Tages- und Nachtzeit individuell abgewogen. So können wir Ihnen als Patientin oder Patient die bestmögliche Therapie bieten.
Bei der mechanischen Thrombektomie kann sehr selten der Katheter die Gefäßwand verletzen. Es können sich auch Anteile des Thrombus ablösen und in kleinere Arterien abgeschwemmt werden. Bei Verschlüssen großer Hirnarterien überwiegt jedoch eindeutig der medizinische Nutzen gegenüber den Risiken. Zudem ist das Risiko einer symptomatischen Hirnblutung nicht größer als bei der allein medikamentösen Lysetherapie.
In den meisten Fällen gelingt die Beseitigung des Gefäßverschlusses und die Wiederherstellung der Gehirndurchblutung. Bei der Mehrzahl unserer Patientinnen und Patienten führt eine Wiedereröffnung des Gefäßes innerhalb der ersten sechs Stunden nach Beginn des Schlaganfalls zu einer deutlichen Besserung der Symptome.
Die Langzeitergebnisse sind auch von Faktoren der Lebensführung wie beispielsweise Verzicht auf Rauchen und der medikamentösen Behandlung von Risikofaktoren abhängig.
In der Regel werden Betroffene bei Schlaganfall auf der Schlaganfall-Station ("Stroke Unit") für mindestens 24 Stunden überwacht und danach auf eine neurologische Normalstation verlegt. Sie verbringen im Krankenhaus im Durchschnitt – abhängig von Ihrer persönlichen Verfassung und der Schwere des Schlaganfalls – etwa sieben Tage. Danach schließt sich im Normalfall ein Rehabilitationsaufenthalt in einer geeigneten Klinik an.