10.07.2025
Bei manchen chronisch von Reflux Betroffenen bringt erst eine Operation Befreiung. Das Klinikum Nürnberg hat besonders viel Erfahrung mit Eingriffen an Speiseröhre und Magen. Nach jahrzehntelanger Leidenszeit kann das lebensverändernd sein, wie das Beispiel einer Patientin zeigt.
Zum Grillen eingeladen sein, ausgehen ins Lieblingslokal, auf Reisen exotische Gerichte probieren – mehr als ihr halbes Leben lang hatte Ingrid Schneck an so etwas keine Freude. Zu ft büßte sie Essen und Trinken mit Schmerzen im Anschluss. Die heute 71-Jährige litt über Jahrzehnte an der Refluxkrankheit. „Seit ich vor 40 Jahren einmal starke Tabletten wegen einer Herzmuskelentzündung bekommen hatte, habe ich Magenprobleme behalten“, erzählt sie. „Ich habe Hausmittel dagegen probiert, habe alles gemieden, was scharf, sauer, fett, süß oder mit Alkohol war. Am Hotelbuffet im Urlaub habe ich mich gefragt: Was soll ich hier?“
Reflux ist weit verbreitet. Schätzungen zufolge erlebt jeder vierte Erwachsene in den Industrieländern regelmäßig Beschwerden wie Sodbrennen und saures Aufstoßen. Wenn der Rückfluss (lateinisch „reflux“) von Mageninhalt in die Speiseröhre störende Symptome oder gar Komplikationen verursacht, spricht man von einer gastroösophagealen Refluxkrankheit, kurz: GERD. Rauchen und Übergewicht sind Risikofaktoren. Doch auch Veranlagung oder, wie bei Ingrid Schneck, ein Zwerchfellbruch, können GERD begünstigen.
Keine „Säureblocker“ auf Dauer
Durch Änderungen des Lebensstils und Medikamente lässt sich das Problem mit Geduld behandeln. Das Mittel der Wahl sind sogenannte Protonenpumpenhemmer, landläufig „Säureblocker“ genannt. Zur Gefahr wird GERD auf Dauer aber für einen kleinen Teil der Betroffenen, weil sich die Schleimhaut ihrer Speiseröhre entzündet und so verändert, dass das Risiko für Speiseröhrenkrebs deutlich erhöht ist („Barrett-Ösophagus“).
Zu dieser Gruppe zählte Ingrid Schneck. Doch davon erfuhr die frühere Finanzbuchhalterin aus einer kleinen Stadt in Baden-Württemberg erst nach vielen Arztbesuchen und vergeblichen Behandlungsversuchen. 30 Jahre nahm sie die Protonenpumpenhemmer ein, ohne Linderung zu spüren, erzählt sie.
Der Magen wird zur Manschette
Zum Sodbrennen stellten sich andere lästige Begleiterscheinungen ein. Andauernde Nebenhöhlenentzündungen etwa, Schluckbeschwerden, Reizhusten und Räuspern, Schlafstörungen. Alles dadurch bedingt, dass ihr Mageneingang nicht richtig schloss. „Die Patienten quälen sich oft sehr lange und leben mit maximalen Einschränkungen wie Frau Schneck“, stellt Chefarzt Univ.-Prof. Dr. Markus Diener fest. Seine Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie kommt ins Spiel, wenn die Behandlung mit Säureblockern erfolglos bleibt. „Mit detaillierten Voruntersuchungen schauen wir uns beim Patienten den Schluckvorgang an und schließen andere mögliche Ursachen für den Reflux aus. Wenn wir wie in diesem Fall bei der Spiegelung der Speiseröhre auch noch sehen, dass durch den sauren Mageninhalt schon eine Krebsvorstufe entstanden ist, klingeln die Alarmglocken. Dann ist eine Operation
unbedingt angezeigt“, sagt Diener.
Ingrid Schneck entschied sich nach gezielter Internet-Recherche für das Klinikum Nürnberg. Die Klinik für Allgemeinchirurgie führt hier jährlich mehr als 100 Anti-Reflux-Operationen durch und hat überdurchschnittlich große Erfahrung auf dem Gebiet. Im Juni 2024 unterzog sich die Rentnerin der OP bei Dr. Lucas Thumfart.
Der Oberarzt, der am Klinikum die Chirurgie des oberen Magen-Darm-Trakts leitet, erklärt die Methodik. „Wir operieren laparoskopisch, also minimalinvasiv mit vier bis fünf kleinen Schnitten, durch die wir eine Kamera und die Instrumente einführen. Zum einen lösen wir das Reflux-Problem anatomisch, indem wir aus dem oberen Teil des Magens eine Manschette um die untere Speiseröhre ziehen. Die Manschette verhindert dann wie ein Ventil den Rückfluss.“
Lücke im Zwerchfell geschlossen
Zusätzlich zu dieser „Fundoplikatio“ genannten Technik lässt sich bei Bedarf das Loch im Zwerchfell schließen („Hiatoplastik“), das wie bei Patientin Ingrid Schneck den Magenschließmuskel störte. Der seit Jahrzehnten etablierte Eingriff werde gut vertragen, sagt Thumfart. Die große Mehrheit ist ihr Problem hinterher los. Fünf bis zehn Prozent der Patienten bilden trotzdem wieder Reflux aus.
„Ich bin froh und dankbar, mich so entschieden zu haben“, stellt Ingrid Schneck einige Monate nach ihrer Operation fest. „Ich fühlte mich bei den Voruntersuchungen sehr gut aufgeklärt, auf meine Allergien wurde gut achtgegeben.“ Die Magentabletten kann sie endlich weglassen, nimmt nur noch verdauungsfördernde Enzyme ein. Das Brennen ist weg. Aber ihr Bauch drückt noch immer mal. „Wir haben es mit einem System in Bewegung zu tun“, beruhigt Chefarzt Prof. Diener bei der Nachbesprechung. Es könne durchaus einige Monate dauern,
bis sich die Verdauung neu einspielt.
Direkt nach dem Eingriff wagte sich Ingrid Schneck aus Neugier an einen Fruchtsaft aus der Minibar auf ihrer Station im Klinikum. Der Saft machte ihr keine Probleme. Sie konnte es kaum glauben.
- Magen- und Ösophagus-Sprechstunde der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie: +49 (0) 398-114413
Bild: Eine OP brachte die Lebensqualität zurück: Patientin Ingrid Schneck mit (v. li.) Oberarzt Dr. Luca Giulini, Oberarzt Dr. Lucas Thumfart und Chefarzt Univ.-Prof. Dr. Markus Diener.
Foto: Giulia Iannicelli, Klinikum Nürnberg