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Patientengeschichte: Entfernung des Leberlappens
Trotz Leber-Tumor zurück zu alter Stärke - dank zertifiziertem Leberkrebszentrum im Klinikum Nürnberg
16.12.2024
Die Entfernung eines Leberlappens ist eine anspruchsvolle Operation – und keine Seltenheit am zertifizierten Leberkrebszentrum im Klinikum Nürnberg. Eine Doppelspende der „Dr. Hans und Dr. Elisabeth Birkner Stiftung“ erhöht die Patientensicherheit.
Der Nürnberger Wolfgang Feeß ist an große Dimensionen gewöhnt. Als Mitglied der sogenannten Kesseltruppe verantwortete der Kraftwerksmeister die Wartung des Heizkraftwerks Sandreuth. „Stellen Sie sich das wie einen riesigen Wasserkocher vor, aber mit einer Höhe von 30 Metern“, beschreibt er seinen ehemaligen Arbeitsplatz. Darüber kann er sehr anschaulich reden, und so einem wie ihm verschlägt es nicht leicht die Sprache. Doch als er von seiner Diagnose erfuhr, fehlten ihm die Worte.
Alles begann nach einem Besuch beim Griechen mit nächtlichem Druckgefühl im Bauch. Es war so stark, dass Feeß weder sitzen noch liegen konnte. Am nächsten Morgen suchte er die Notaufnahme im Klinikum Nürnberg auf. Nach einem Ultraschall in der Notaufnahme bestätigten eine Computertomographie (CT) und eine detailliertere Magnetresonanztomographie (MRT) den Verdacht auf Leberkrebs.
Den Behandlungsweg für ihn besprachen die Expertinnen und Experten der verschiedenen medizinischen Disziplinen im Tumorboard des Klinikums. Dort beurteilen Vertreterinnen und Vertreter der Onkologie, Chirurgie, Radiologie, Pathologie und Strahlentherapie die Befunde und suchen nach der optimalen Behandlung. Es galt zum Beispiel auszuschließen, dass es sich um Absiedelungen von Krebs aus anderen Organen wie Darm, Magen oder Bauchspeicheldrüse handelt. Bald war klar, dass er unter einem sogenannten hepatozellulären Karzinom leidet, also unter Leberkrebs und nicht unter Metastasen einer anderen Krebsart.
„Für seine Therapie war entscheidend, dass die Leber keine Vorschädigung hatte, zum Beispiel durch eine Leberzirrhose“, erinnert sich Prof. Dr. Felix Hüttner, ein Spezialist für robotisch unterstützte Leberchirurgie. Prof. Hüttner absolvierte seine Facharztausbildung am Universitätsklinikum Heidelberg und vertiefte anschließend als Oberarzt am Universitätsklinikum Ulm seine Expertise mit dem Schwerpunkt Leberchirurgie. Seit mehr als einem Jahr arbeitet er als Leitender Oberarzt an der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie am Klinikum Nürnberg.
Lebertumor geschrumpft
Bei Feeß teilte sich die Therapie grob in zwei Schritte: Zuerst wurde der Tumor durch eine sogenannte selektive interne Radiotherapie (SIRT) verkleinert, dann entfernte der Chirurg die von den Krebszellen betroffenen Teile der Leber. Da der Tumor zu Beginn zu groß für eine direkte Operation war, erhielt Feeß zunächst die Radiotherapie. Über einen Katheter an der Leiste wurden radioaktiv beladene Partikel in den Tumor eingebracht. Aus Strahlenschutzgründen war dafür ein Aufenthalt auf der Therapiestation der Nuklearmedizin erforderlich.
Wie sehr sein Tumor durch diese Therapie schrumpfte, weiß der 66-Jährige auch Monate später noch bis auf die erste Kommastelle genau: von 12,7 auf 5,4 Zentimeter. Nach dem ersten Therapieschritt fühlte er sich gut und fragte sich, ob er eigentlich krank sei, und meinte zu seiner Frau: „So könnten wir weitermachen, bis ich 80 Jahre alt bin.“ Doch er wusste, dass der entscheidende Schritt noch ausstand, die operative Entfernung des Tumors in der Leber.
Die Leber ist ein Organ, ohne das der Mensch nicht überleben kann. Sie nimmt fast alle Nährstoffe auf, die aus dem Darm ins Blut wandern, und verstoffwechselt sie. Nach Bedarf gibt sie diese Stoffe wieder ins Blut ab – oder filtert sie aus. Die Leber kann noch viel mehr: Sie ist nicht nur das wichtigste Organ für die Entgiftung, sondern fungiert auch als Energie- und Vitaminspeicher und bildet Vorprodukte für Hormone.
Zuverlässige Prognose dank Leberfunktionstest
Ein Leberversagen gehört deswegen zu den gefürchteten Komplikationen in der Medizin. Daher lassen die Chirurgen vor der Operation von ihren Kollegen der Gastroenterologie einen Leberfunktionstest, einen sogenannten LiMAx-Test, durchführen. Ärzte können damit eine zuverlässige Prognose über die Leistungsfähigkeit des Organs nach der Operation treffen. Wie das geht? Der Patient erhält über eine Infusion ein Vorprodukt des Schmerzmittels Paracetamol, nach der Umwandlung durch den Stoffwechsel in der Leber misst der LiMAx-Test anhand des Atemgases die Leberfunktion.
Das Gerät, von dem Feeß profitierte, ist eine Spende der „Dr. Hans und Dr. Elisabeth Birkner Stiftung“ an die Klinik für Innere Medizin 6, Schwerpunkte Gastroenterologie, Heaptologie und Endokrinologie unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Alexander Dechêne am Klinikum Nürnberg. Die Birkner-Stiftung ist einer der größten privaten Förderer des Klinikums, das Stifterpaar war dem Haus als Ärztlicher Direktor und Chirurg sowie als Gynäkologin zu Lebzeiten sehr verbunden.
Leber-OP am Computer geplant
Vor der Operation wird nicht nur die Leberfunktion getestet, sondern auch der Eingriff am Computer durchgeplant. Anhand der Bilder der Computertomographie bestimmte Hüttner virtuell die Grenze für die Abtrennung des Leberlappens und berechnete in Millilitern genau, wie viel Lebervolumen bei dem jeweiligen Patienten nach der Operation zurückbleibt. Dies geschieht immer in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Radiologie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Michael Lell.
Den Vorbereitungstermin mit Prof. Hüttner für die anstehende Operation hat Feeß in guter Erinnerung: „Er macht das fantastisch, beschönigt nichts und sagt klipp und klar, wie es ausschaut. Er sagte, dass es darauf hinausläuft, dass der rechte Leberlappen und die Gallenblase raus müssen – und so war es dann auch.“ Und wie sah es mit seiner eigenen Gefühlslage vor dem Eingriff aus? „Allmächd! Wenn da was schiefgeht, dann ist es Schicksal. Aber du fühlst dich im Klinikum wie in einer Wiege trotz deiner Angst.“
Die Entfernung eines Leberlappens zählt zu den anspruchsvollen Eingriffen in der Chirurgie. Das liegt auch an der starken Durchblutung dieses Organs. Bei der robotisch unterstützten Abtrennung des Leberlappens setzte Hüttner einen sogenannten Ultraschalldissektor (CUSA) ein, der mit Ultraschall das Lebergewebe durch - trennt und gleichzeitig die Mischung aus Flüssigkeit und Lebergewebe sofort absaugt. „Damit ist eine sehr präzise und blutarme Entfernung des betroffe - nen Gewebes möglich“, erklärt Hüttner. Auch dieses Gerät ist eine Spende der „Dr. Hans und Dr. Elisabeth Birkner Stiftung“ – in diesem Fall an die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Markus Diener.
Schnelle Genesung nach Leber-OP
Nach der Operation blieben bei Feeß nur noch rund 35 Prozent des Lebervolumens zurück. Der Patient hat das zunächst deutlich gespürt, sich nach dem minimalinvasiven Eingriff dann aber schnell wieder erholt. „Gerade bei der Gartenarbeit musste ich mich einschränken, weil ich mich so schnell erschöpft fühlte“, berichtet er.
Doch die Leber ist eine Meisterin der Selbsterneuerung. Zwei Monate nach dem Eingriff war schon wieder so viel Lebergewebe nachgewachsen, dass das Organ des Patienten wieder etwa 75 Prozent des ursprünglichen Volumens erreicht hatte. Feeß hat auch seine täglichen Spaziergänge, vormittags drei bis vier Kilometer und nachmittags eine ähnliche Distanz, wieder aufgenommen.
Also alles wieder in Ordnung? Bei der Nachsorge durch Prof. Hüttner fragt der Patient bang, „was können Sie machen, wenn etwas nachkommt?“ „Viel“, antwortet Hüttner ruhig, „wir haben bei einem Rückfall eine Reihe von Behandlungsmöglich - keiten“ – und nennt einige Beispiele: Da gibt es die Tumorablation, mit der Krebsherde bis zu drei Zentimeter Größe über einen minimalinvasiven Eingriff mit einer Sonde erhitzt und verkocht werden. Oder die Chemoembolisation, bei der über die Blutgefäße ein Chemotherapeutikum eingebracht und der Tumor von seiner Blutzufuhr abgeschlossen wird. Oder sogar eine erneute Operation, denn das Lebergewebe des Patienten wächst nach und das Organ wird schon bald wieder fast seine ursprüngliche Größe erreicht haben.
Das beruhigt Feeß. Nach überstandener schwerer Erkrankung wird ihm klarer, was im Leben wichtig ist: gemeinsam mit seiner Frau alt werden, wenn es geht möglichst selbstbestimmt. Ohne Spannung geht es aber nicht. Der Kraftwerksmeister im Ruhestand ist ein ausgesprochener Fan skandinavischer Krimis. „Im Buch muss ja nicht immer Blut fließen.“
Bild: Wolfgang Feeß (li.) hat eine schwere Erkrankung überstanden, Prof. Dr. Felix Hüttner half ihm dabei.
Foto: Klinikum Nürnberg
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