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  • Früherer Neurochirurgie-Chef Prof. Dr. Hans Herbert Steiner leitet PMU Nürnberg

    Seine Medizinerkarriere hatte er schon beendet. Dann wurde Hans Herbert Steiner Vizerektor der Paracelsus Universität PMU in Nürnberg.

30.05.2025

Nach seiner Medizinerkarriere hätte er sich zur Ruhe setzen können. Dann willigte Hans Herbert Steiner ein, als Vizerektor der Paracelsus Universität in Nürnberg noch einmal durchzustarten. Die Freude am Austausch mit Menschen treibt ihn an, und der Neurochirurg in ihm sieht lieber Lösungen als Probleme.

Alle Ratgeber für den Ruhestand sagen es: Struktur ist wichtig. Ganz ohne Aufgaben droht dem Pensionisten die Leere. Das wusste auch Hans Herbert Steiner, als er im Juni 2023 seinen letzten Arbeitstag am Klinikum Nürnberg verbrachte. 17 Jahre war er Klinikdirektor der Neurochirurgie gewesen.

„Ich war froh, nicht mehr jeden Tag um kurz vor sieben auf der Matte stehen zu müssen“, blickt er zurück, „aber ich wollte nicht von 100 auf null aufhören.“ Der Terminkalender blieb also gefüllt. Mit Einsätzen als medizinischer Gutachter, als Dozent und Dissertationsbetreuer, gelegentlich noch als Assistent im OP. Und, der turbulenteste Job, als mittlerweile siebenfacher Großvater bei der Betreuung der Enkelkinder.

Einige Monate vergingen so. Bis ihn ein früherer Kollege mit einer Frage überraschte. Das Nürnberger Professorenkollegium wollte wissen: Hans, würdest du unseren neuen Vizerektor machen? „Ich war baff“, erinnert sich Steiner. „Ich war aus der PMU nie weg, aber ich hatte nie mit dieser Option gerechnet.“

Nachfolger für Vizerektor Theodor Fischlein

Seit 1. Januar ist der 68-Jährige für drei Jahre gewählter Nachfolger für Vizerektor Theodor Fischlein. Der Hauptgrund, weshalb er zusagte: „Mir macht die Zusammenarbeit mit Menschen Freude. Gerade den Austausch mit Jüngeren fand ich immer erfüllend. Man muss sich mit den Ansichten der jungen Generationen auseinandersetzen, ich mag es, sie zum eigenständigen Denken zu ermutigen.“ Steiner empfindet das als politisches Handeln. „Probleme müssen im Miteinander gelöst werden, nicht auf die banale Art. In der Demokratie müssen wir uns Anstrengungen aussetzen, denn Extremismus ist nie ein Weg.“

Hier hört man heraus, warum die Kollegen ihn damals bei seiner Verabschiedung als „väterlich“ bezeichneten. Er ist ein Kümmerer, der Verantwortung vorlebt und Eigenverantwortung einfordert. In der Paracelsus Universität sieht Hans Herbert Steiner ein Erfolgsmodell für die Ausbildung solch kritischer, empathischer Medizinerinnen und Mediziner. Am Klinikum Nürnberg erlebte er die hürdenreiche Standortgründung der PMU 2014 mit, zählte zu ihren ersten Fans und Wegbereitern im Haus. Sein Auftrag ist es nun, sie im härter gewordenen Wettbewerb anderer bayerischer Studienangebote zu stärken, Forschungsmittel zum Fließen zu bringen und die Belegschaft des Großkrankenhauses immer wieder neu für Lehre und Wissenschaft zu begeistern.

Steiner profitiert von seiner Vernetzung, dazu hat er, anders als sein Vorgänger, mehr Zeit. Theodor Fischlein, der die Klinik für Herzchirurgie leitet, war das 2021 übernommene Vizerektoren-Amt ans Herz gewachsen, obwohl es einen Spagat bedeutete. „Es hat mir viel Spaß gemacht, aber es war sehr viel eng getaktete Arbeit“, resümiert er. „Wir konnten die PMU nach innen und außen sichtbarer machen, die Forschung gut ausbauen. Die hochschulpolitische Anerkennung ist gewachsen und zeigt sich heute in finanzieller Unterstützung durch das Land Bayern.“ Für die Pflege des „Schmuckkästchens“, wie Fischlein die Nürnberger PMU gern nennt, wünscht er „dem Hans Steiner gute Nerven und einen langen Atem“.

Selbstironie und Faible für Theater

Hans Herbert Steiner lässt den Professor nicht raushängen. Er fährt zum Beispiel leidenschaftlich Zug, was in Deutschland starke Nerven verlangt – aber in die wohlfeilen Schimpftiraden über das Versagen der Deutschen Bahn mag er nicht einstimmen. Und wenn es in der Nürnberger Stadtverwaltung bei der Anerkennung von Titeln der PMU hakt, marschiert er kurzerhand persönlich mit Akten im Rucksack aufs Amt, um die Sache zu klären. Wer ihm zuhört, der kann Selbstdisziplin spüren. Aber auch einen Funken Selbstironie, der Türen öffnet.

Das klingt dann so: „Für mich ist das Mittelmeer im August noch nicht warm genug.“ In jungen Jahren habe er einfach zu oft in kaltem Wasser gefroren, erzählt er. Als Schüler war er Leistungsschwimmer beim 1. FC Nürnberg, wurde 1972 deutscher Jugend-Vizemeister im 100-Meter-Brustschwimmen. Heute geht Steiner zur Entspannung ins Hallenbad zu Hause in Heidelberg.

In die Stadt am Neckar zog Steiner als Assistenzarzt. Am Universitätsklinikum habilitierte er und lernte seine Frau kennen, die mittlerweile verstorben ist. Aufgewachsen ist der gebürtige Oberbayer in einer Juristenfamilie in Nürnberg. Der Weg zum Chefarzt, der viel zu Hirntumoren geforscht hat, war nicht vorgezeichnet. „Ich wollte ursprünglich Psychiater werden. Das Medizinstudium war mir anfangs zu einseitig, sodass ich mich gleichzeitig für Theaterwissenschaften einschrieb.“

Den Nachwuchs und sich selbst entwickeln

Den Theater-Abschluss ließ er bleiben, aber für eine Regieassistenz am Nürnberger Schauspielhaus und für die Hauptrolle in einem legendären studentischen Filmprojekt („so ein französischer Problemfilm mit Kuss-Szene“) habe es sich gelohnt, erinnert er sich amüsiert. Bis heute besucht er gerne Theater, Opernhäuser und Konzerte. Im Gespräch mit ihm landet man mir nichts, dir nichts bei Richard Wagner, aber auch bei der Krise der Sozialdemokratie, der Frauenquote oder beim Fußball-Sponsoring.

Der Blick über den Tellerrand gehört zu Steiners humanistischem Menschenbild. „Jeder Mensch ist wichtig, das hat mich mein Vater gelehrt. Er hat jeden gegrüßt, und er hatte Recht – so kannst du Leute zum Miteinander und zur Mithilfe bewegen.“ Als Vorbild habe ihm auch sein erster Chef in der Heidelberger Neurochirurgie gedient. „Er hat mir vermittelt, dass man sich in seinem Fach bis zum letzten Arbeitstag weiterentwickeln muss. Und man muss sich darüber freuen, wenn man jemanden ausbildet und der irgendwann besser ist als man selbst. Dann hat man sein Ziel erreicht.“ Nicht stehenbleiben, sich entwickeln – das gilt für Hans Herbert Steiner wie auch für die PMU.

Bild oben: Prof. Dr. Hans Herbert Steiner ist seit 2025 Vizerektor der PMU in Nürnberg.

Foto: Klinikum Nürnberg

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